Cornelia Kriechbaumer

Der Mai tarnt sich als April. Pfingstrosen und Flieder blühen ihrer Zeit voraus. Wann ist der Frühling so stressig geworden?

Die Zeit kann unmöglich gleich schnell vergehen. Zu Jahresanfang steht sie beinahe still, schleppt sich träge über die ersten Wochen. Alles grau und kalt. Doch wenn die ersten Schneeglöckchen und Krokusse der Welt neues Leben einhauchen, beschleunigt sie sich mit einem Mal. Veilchen folgen Märzenbechern, Tulpen öffnen ihre Köpfe. Huch, die Magnolien bereits verblüht? Schon längst vorbei, der Holler wartet schon…

Trügerisch. In der Hülle und Fülle des Frühlings, bekomme ich doch nichts zu fassen. Trotz blühender Erde, fehlt mir der Boden unter den Füßen. Was hilft? Loslassen, Erde anfassen. Wortwörtlich.

Ich habe mich gemeinsam mit einem Stück schlickrigen Ton zum ersten Mal vor die Töpferscheibe gesetzt und versucht ihm Form zu geben. Anfangs wollte er nicht. Stattdessen hat er begonnen mich zu formen! Hat meine Hände auf der Scheibe wild hin- und hergerissen und mir Falten in die Stirn graviert. Er hat sich schief vor mir aufgetürmt, um dann im letzten Moment zusammenzufallen.

Doch als ich zur Ruhe komme, wird auch das Stück Erde zwischen meinen Händen ruhig. Mit meinem Daumen suche ich die Mitte, das “Auge des Sturms”. Aus der Vertiefung entstehen langsam kleine Schüsseln und Gefäße.

(Zum Glück gibt es auch einfachere Methoden, dem Ton Form zu verleihen.)

Wochen später hole ich mir “meine Erde” in gebrannter Form zu mir nach Hause. Wellige Ränder, Unregelmäßigkeiten und kleine Macken zeigen die Eigenwilligkeit des Tons. Sie erinnern mich aber auch an meine Berührung mit der Erde.